Tempo 30 für die Hauptstrassen von Zürich!

Guten Tag zusammen
Wie man hier von der Stadt Zürich erfahren hat wartet die ganze Verwaltung sehnlich auf den Grundsatzentscheid zu Tempo 30 auf den stadtzürcher Hauptverkehrsachsen. Dabei handelt es sich für einmal um ein Verkehrsthema bei dem die Stadt souverän entscheiden kann und sich nicht vom Kanton die MIV-Priorisierung vorschreiben lassen muss. Leider ist Zürich auch in dieser Frage bisher eher negativ aufgefallen: mit der Schnapsidee von Tempo 30 nur in der Nacht an der Höschstrasse.

Auch hier hat man gehört, dass der Entscheid für oder gegen Tempo 30 Ende Juni fallen soll. Die NZZ hat denn auch schon pünktlich mit einem Kommentar gegen Tempo 30 geweibelt (Quelle unten). Ich möchte euch deshalb darum bitten euch mit einem Brief oder einem Mail an den Stadtrat zu wenden um den Gewerbe- und Autolobbies etwas entgegenzuhalten. Dazu findet Ihr unten einen Musterbrief, welchen Ihr verwenden könnt, sowie die Adressen der betroffenen Stadträt*innen Rykart und Wolff, sowie von Stadtpräsidentin Corinne Mauch (der könnt ihr sogar faxen!).
Ergänzungen oder Korrekturen gerne in die Kommentare schreiben.
Vielen Dank und schöne Woche

Musterbrief:

Sehr geehrte*r Herr*Frau XXXXX

Ich schreibe Ihnen weil mir als Velofahrer*in die Einführung von Tempo 30 auf den zürcher Hauptstrassen am Herzen liegt.

Tempo 30 erhöht die Sicherheit für die schwächsten Verkehrsteilnehmer*innen in vielfacher Weise. Die langsamere Geschwindigkeit gibt den Autos, den Velos und dem Fussverkehr mehr Zeit um mit unerwarteten Situationen umzugehen. Aus dem Auto können mehr Aspekte des Verkehrsraums wahrgenommen werden und wenn etwas passiert legt das Auto während er Reaktionszeit eine kleinere Distanz zurück. Dazu nimmt die kinetische Energie des Autos ab: Bremswege werden so noch kürzer, Unfälle nehmen ab und wenn sie trotzdem passieren dann verlaufen sie weniger schwer und seltener tödlich.

Dann die Lärmthematik, Tempo 30 ist die günstigste und einfachste Massnahme zur Lärmreduktion. Wer Tempo 30 markiert muss dehalb nicht auf Flüsterbelag verzichten. Auch die Elektromobilität wird den Strassenlärm mittelfristig nicht massgeblich senken. Gehen doch Studien der Autoindustrie davon aus, dass 2040 erst 50% der Neuwagen über einen elektrischen Antrieb verfügen.

Elektroautos werden auch zur Bekämpfung der Klimakrise als Heilmittel gepriesen. Tempo 30 kann aber schon heute den Energieverbrauch der MIV-Fahrzeuge massgeblich senken, unabhängig vom verwendeten Treibstoff. Das liegt wiederum and den physkikalischen Grundgesetzen wonach der Luftwiderstand eines fahrenden Objekts im Quadrat mit der Geschwindigkeit steigt. Heutig Automotoren mögen für eine Betriebsgeschwindigkeit von 50 km/h optimiert sein, aber im städtisch Stop-and-Go-Verkehr ist der Dauerbetrieb mit Tempo 50 eher Ausnahme als Regel.

Es ist richtig, dass eine Geschwindigkeitssenkung im ÖV für Mehrkosten sorgen kann - aber es gibt auch den gegenteiligen Effekt. Wenn der Fuss- und Veloverkehr an Attraktivität gewinnt, dann werden Trams, Busse und Bahnen für alle die entlastet die wirklich darauf angewiesen sind.

Ein Entscheid für Tempo 30, das ist ein Entscheid für das Velo, ein Entscheid für das Klima, ein Entscheid für die Verkehrssicherheit und ein Entscheid für die Entlastung von gesundheitsgefährdenden Lärmemissionen. Aus meiner Sicht ein Muss.

Herzliche Grüsse,
XXXX


Adressen:
Richard Wolff
Stadt Zürich
Tiefbau- und Entsorgungsdepartement
Werdmühleplatz 3
Amtshaus V
8001 Zürich

Kontaktformular: https://www.stadt-zuerich.ch/ted/de/index/departement/stadtrat_richard_wolff.html
Telefon Sekretariat (Barabara Kölliker): +41 44 412 23 02

Karin Rykart
Departementssekretariat
Sicherheitsdepartement
Bahnhofquai 3
Amtshaus I
8001 Zürich

Corinne Mauch
Stadt Zürich
Stadtpräsidentin
Stadthausquai 17
Stadthaus
8001 Zürich

Manuela Leonhard
Vorzimmer Stadtpräsidentin
Telefon: +41 44 412 31 20
Fax: +41 44 212 08 58


Quellen:
Tempo 30 auf verkehrsorientierten Strassen im Magazin des VSS: https://www.vss.ch/fileadmin/redacteur/e-paper_SuV/e-paper_SUV_06_20/#6
Kommentar in der NZZ vom 15.06. (dagegen): https://www.nzz.ch/meinung/verkehr-warum-generell-tempo-30-in-der-stadt-zuerich-fatal-waere-ld.1629995?reduced=true

Erstellt am: 21.6.2021

Kategorien

Kategorien helfen, Ordnung auf der Plattform zu halten (z.B. wann soll etwas archiviert werden) und dass Meldungen schneller und gezielter an die Zuständigen Stellen innerhalb behörden gelangen (z.B. Schnee).

Verkehrsregelung

Organisationen

Die hier aufgelisteten Organisationen nutzen bikeable offiziell und erhalten E-Mailmeldungen zu Spots im Gebiet.

Profilbild
Saubere Sache: "Mehr Schutz vor Lärm durch weitgehende Einführung von Tempo 30 " https://www.stadt-zuerich.ch/pd/de/index/das_departement/medien/medienmitteilung/2021/juli/210714a.html
Profilbild
Danke für die Initiative!

Tempo 30 hat nicht nur für Velofahrende Vorteile, sondern für alle, welche muskelbetrieben und ohne 2 Tonnen Blech rundherum unterwegs sind - das würde ich im Brief unbedingt ergänzen, insbesondere, da alle täglich zu Fuss unterwegs sind!

Eine nette Kurve bezüglich tödlich verlaufenden Zusammenstössen zwischen Auto und zu Fuss gehenden gibt es in der Broschüre "Physik im Strassenverkehr" der BFU auf Seite 4:
- beim Aufprall mit Tempo 50 sterben 8 von 10 Personen, 2 überleben (wohl schwerstverletzt)
- beim Aufprall mit Tempo 30 stirbt 1 Person von 10 Personen, 9 überleben...

Auf Seite 5 ist Reaktions- und Bremsweg aufgezeichnet. Dort wird indirekt auch die Zebrastreifenproblematik nachts bei Nass oder Schnee aufgezeigt, wenn die Sicht vielleicht 30m beträgt, aber Autos Tempo 50 fahren, was einem Bremsweg von 40m entspricht bei trockener Fahrbahn und ca. 50m bei nass (+25%)...

Beides passt zu dem, was HelvetiaZH schreibt bezüglich "Ausserkraftsetzung der Würde des Menschen".

Das Doku fand ich leider nicht mehr bei der BFU jedoch unter https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Physik_im_Strassenverkehr.pdf

Der Zusammenprall zwischen Velo und Auto mit Tempo 50 wurde mal verglichen mit dem Sprung vom 5m Brett z.B. auf eine Wiese mit etwas Pech auf Asfalt. Ob man da nun einen Velohelm trägt oder nicht, macht fürs Überleben kaum einen Unterschied, Schwerstverletzt ist das Minimum...
Bei Tempo 30 verringert sich die Höhe des Sprungbretts bezüglich Aufprall auf 3m.
Ich meinte, das auch bei der BFU mal gelesen zu haben, finde jedoch die Quelle nicht mehr.

P.S.
Und nicht zu unterschätzen bei Nutzung der eigenen Muskulatur um von A nach B zu kommen ist der Gesundheitsaspekt, denn im Auto, auf dem Töff und im ÖV gibt es keine angemessenen Bewegungsmöglichkeiten (Stichwort mit dem Auto ins Fitnesscenter fahren). Die Alltagsfitness durch muskelbetriebenes Vorwärtskommen wird gerne unterschlagen.

P.P.S.
Tempo 30 hätte zudem den Vorteil, den heutigen Tempo-Verkehrsschilderwald markant zu senken!

P.P.P.S.
Die neue Tempo 30-Regelung von Spanien vom Mai dieses Jahres klingt interessant. Je schmaler die Strassenverhältnisse, desto tiefer das Tempolimit, bei einspurigen Strassen ohne Gehsteig Tempo 20, bei zweispurigen Strassen, d.h., 1 Fahrbahn pro Fahrtrichtung Tempo 30, was die Mehrheit der Strassen ausmacht zumindest in spanischen Städten.
Tempo 50 darf auf Strassen mit 2 oder mehr Fahrspuren pro Fahrtrichtung gefahren werden...
Barcelona hat die Tempo 30-Regelung bereits auf Mai 2020 eingeführt.
https://www.auto-motor-und-sport.de/verkehr/tempo-30-spanien-staedte-2021/
Profilbild
Heute auf Twitter gelesen «In Städten ist ein höheres Tempo als 30 km/h nur denkbar, weil de fakto "Die Würde eines Menschen ist unantastbar" ausser Kraft gesetzt ist.»
Die Überlebenswahrscheinlichkeit von Fussgängern (oder anderen Verkehrsteilnehmern, die nicht mit einem Metallmantel geschützt sind), wenn sie von einem Autofahrer mit T30 gerammt werden, ist bedeutend höher als mit 50.